Und plötzlich ist man online

Sophie-Caroline Danner, 23 Jahre

Die Karajan Music Tech Conference (KMTC) macht es vor: Eine große Konferenz findet online statt. Aber nicht freiwillig. Covid-19 sorgte ja bekanntlich für Kontaktverbote und Ausgangssperren in vielen EU-Ländern. Dafür, dass die Konferenz trotz der „Corona-Krise“ online stattfindet, erntet das Team von allen Seiten Lob. Zum Beispiel sagt Peter Maniura, IMZ-Academy Direktor und Referent der KMTC, im Interview, dass es nie wichtiger gewesen sei, Menschen zusammenzubringen und sich zu verbinden. Da gebe ich ihm recht. Das Online-Event ermöglicht 2000 Besuchern auf Zoom die Teilnahme. Weitere 6000 streamen über die Webseite. Es waren Menschen aus 68 Ländern zugeschaltet, von denen viele sonst nicht hätten dabei sein können.

Der Austausch stand auch als „JungeReporter“-Team im Vordergrund. Wir führten Interviews, hatten tägliche Gruppenmeetings (selbstverständlich online) und vernetzten uns so gut es ging. Leider konnten wir uns dabei nicht so gut kennenlernen wie im echten Leben, wenn man sich einen wirklichen Raum teilt und automatisch ins Gespräch kommt über Texte, Interviews und auch Privates. Dennoch haben mir die Meetings gutgetan. Sie brachten endlich mal wieder etwas Struktur in den plötzlich so freien Tagesablauf einer Studentin. Es war gut, den Kopf mit etwas anderem zu füllen als den Coronatickern der Nachrichten.

Zum Beispiel mit der Frage nach der Ökonomie und Möglichkeiten 3D-gedruckter Instrumente, Ricardo Simian hielt darüber einen Vortrag. Der regte dann auch meine Mutter und mich zur Diskussion an. Ich verfolgte die Konferenz nämlich vom Familienwohnzimmer aus, und sie hat im Wohnzimmer mehr oder weniger freiwillig zugehört. Danach war The Dark Tenor, aka Billy Andrews, mit Matthias Röder im „Fireside Chat“. Irgendwie kam ich mir dabei ein bisschen wie ein hackender Stalker vor, der ein Privatgespräch beobachtet… aber das Thema war zu interessant, um mein voyeuristisches Schamgefühl siegen zu lassen. Als das Gespräch auf seine 3D-gedruckte Geige kommt, versammelte sich nach und nach meine ganze Familie um mich. Zum Schluss beobachteten wir zu viert, wie das transparente Gerät durch LEDs in den verschiedensten Farben leuchtete und zu pulsieren schien. Alleine hätte ich die Geige auch toll gefunden, aber so wurde der Moment mit meiner Familie geteilt und dadurch nochmal anders greifbar und real. Beim Mittagessen haben wir dann gleich meiner Großmutter davon erzählt und ihr Bilder gezeigt. Besonders schön waren also die Momente, in denen das online Gehörte ins „echte Leben“ überspang.

So auch beim für mich krönenden Abschluss, der die zuvor gehörten Gespräche und Vorträge sogar ein bisschen in den Schatten stellte. Der „Virtual Table“ ist eine virtuelle Verabredung zum gemeinsamen Abendessen. Es gibt Live-(übertragene) Musik, Gedankenaustausch per Slack-Chat und zu diesem Anlass trug eine der drei Hosts ein Gedicht über den Frühling vor und dazu passend gibt es bei jedem zu Hause selbstgemachtes, frisches Essen. Es war schön, sich über den Frühling zu unterhalten. Der findet auch trotz Corona statt, und das nicht mal nur online. Auch dieses Happening fand ich besonders schön, weil wir als ganze Familie mitgemacht haben, und es gemeinsam als witzige Aktion erlebten. Trotzdem werden wir weiterhin zu viert und an einem Tisch zu Abend essen, statt jeder für sich, nur über unsere Laptops vernetzt.

So ähnlich geht es mir auch mit der Erfahrung einer Online-Konferenz: Es ist fantastisch, dass sie trotz aller Widrigkeiten stattfand und erst recht, dass dadurch so viele Menschen teilnehmen konnten. Doch wenn die ganze Corona-Geschichte vorbei ist, freue ich mich auf eine „echte“ Konferenz. Mit echtem Blickkontakt, echten Gesprächen und echten, geteilten Momenten.