Krächzend kratzt die schwarze Füllfeder über ein weißes Blatt. Eine Kamera nimmt die schreibende Hand auf und projiziert sie auf eine Leinwand im hinteren Bereich der Bühne. Die erste Aufführung der neuen ECLAT-Serie „Poetry Affairs“ öffnet mit einem Stück der Poetin Maria Barnas und des Komponisten Severin Dornier. Sie ist ein dem Eröffnungskonzert von ECLAT 2023 vorgesetzter Werkstatteinblick.
In der Aufführung vereint sich Digitales mit Analogem, Menschliches mit Technischem, Schreibwerkzeug mit Projektion. Im Frack, weißer Fliege und glänzend schwarzen Schuhen singt Martin Nagy Schubertlieder. Hinter ihm sitzt mittig Susanne Leitz-Lorey, über den Haaren ein weißer Hoodie, über den Augen eine VR-Brille, die Lippen rot. Nagy singt vom Bach und vom Tal, vom Glück und von der Qual.
Dichotomien ziehen sich durch den halbstündigen Festivaleinstieg. Später spricht Leitz-Lorey die Worte „Mein“ und „Ich“. Wo hört das Werk auf, wo fangen die Künstler an? Noch später schreibt ein Apparat mit Filzstift einen Text, der von einer KI generiert wurde, wie die Sopranistin nach der Aufführung erklärt. Die Performance jongliert mit Grenzen und Gegensätzen. Was genau menschengemacht und was durch Technologie generiert ist, bleibt offen.