Zugverspätung wegen Nachstimmens

Éliézer Pérez Bernard, 10 Jahre

Ein Amateur würde denken, dass ein Ensemble, das seine Instrumente stimmt, ein einfaches „La“ spielt, also ein a, wie im Orchester, und dass nur die Geige noch nachgestimmt werden muss. Das dachte ich jedenfalls. Doch unser Quartett, „The Late Train“, hat seine eigene Weise, sich einzustimmen.

„Ich brauche erst einmal 30 Minuten, um das Cembalo zu stimmen“, sagt Agnieszka Skorupa. „Und dann kommen die anderen. Semion Gurevich mit Geige und Bratsche, Chia-Hua Chiang mit ihrem Cello und Julia Herzog mit ihren Blockflöten. Sie brauchen höchstens drei Minuten.“

„Ich brauche mich gar nicht einzuspielen“, sagt Julia, „weil man bei der Blockflöte ja jeden Ton kontrollieren kann.“ Je nachdem, von welcher Position man ins Instrument pustet, verändert sich die Tonhöhe. Das kenne ich von der Klarinette. „Aber ich habe doch gehört,dass Ihr Euch bei jedem zweiten Stück wieder einspielt! Auf eine seltsame Weise…“ – „Wir haben eine kleine Melodie“, sagt Julia. Genau, das ist es, was ich sagen wollte. Diese kleine Melodie vor dem Stück finde ich fesselnd. Denn dann weiß man schon gleich zu Anfang, dass es spannend werden wird!

Das Konzert war an sich schon sehr toll, jedes Ende war ein neuer Anfang, eine gute Mischung aus Spannung und Entspannung. Und es war nicht allein Barockmusik dabei. Kleine Zwischenspiele erinnerten fast an Theater. Wie in Sprudelwasser gab es immer wieder kleine Überraschungsbläschen. Und diese Blasen waren Aktionen. Anstatt zum Beispiel einfach eine Änderung im Programm anzusagen, hat die Flötistin das Ganze wie eine Ausrede der Bahn formuliert. Sie blies ein Signal mit zwei Flöten gleichzeitig und sagte, dass wir zuerst an der Station Bach stoppen würden und erst danach bei Marco Uccellini. Diese Szene war nicht die einzige. Es gab auch einen Moment, wo die Cembalistin von Geige und Flöte „verscheucht“ wurde, um im nächsten Stück, versteckt auf der Empore, eine Vogelpfeife zu spielen. Das machte alles aktiv und lebendiger. Es war einfach wunderbar!