Bizarre Einblicke

Hannah Floto, 24 Jahre

Warum sollte man heute noch Alte Musik hören? Mit Leichtigkeit und Freude bringt uns das junge Ensemble „The Late Train“ die Musik von acht verschiedenen Komponisten aus Frühbarock bis Früher Klassik näher. Ihr Programm „Musica bizzarra“ wirkt nicht wirklich bizarr, jedenfalls nicht besonders merkwürdig. Aber es überzeugt mit Dynamik und Kreativität. In kurzen szenischen Einlagen schaffen die Musikerinnen und Musiker es, dem Publikum den einen oder anderen Lacher zu entlocken. Zum Beispiel als die Cembalistin Agnieszka Skorupa plötzlich mit dissonanten Tönen verschreckt wird, um dann mit den Klängen einer Vogelpfeife wieder aufzutauchen. Überraschend, für ein Programm mit Alter Musik – passt aber zu dem Charakter des Programms, das das Wort bizarr ja im Namen trägt. Gleichzeitig lässt das Ensemble dem Publikum Raum, die komplexe, teils geistlich wirkende Musik in Ruhe auf sich wirken zu lassen.

Gespielt wird auf zeitgetreuen Instrumenten. Das Cembalo beeindruckt schon im Anblick, denn auf der Deckelinnenseite kann man Engel entdecken. Im Gegensatz zum heutigen Flügel werden die Saiten gezupft statt angeschlagen, wie uns Agnieszka Skorupa erzählt. Sie hat erst Kalvier studiert, bevor sie sich dem Cembalo widmete. Das im 18. Jahrhundert gebaute Cello wird noch mit Saiten aus Schafsdarm bespannt, erzählt uns seine Spielerin Chia-Hua Chiang, die mit zehn Jahren das Cello für sich entdeckte. Julia Herzog hat vier verschiedene Blockflöten dabei, die Größte sieht aus wie ein Fagott, jedoch handelt es sich um eine barocke Bassflöte. Flöte und Violine bzw. Viola, gepielt von Semion Gurevich, gehen einen Dialog ein, stellen einander Fragen und finden die Antworten in ihren eigenen Melodien.

Auch wenn „The Late Train“ musikalisch aus längst vergangenen Jahrhunderten anreist, findet er beim heutigen Publikum großen Anklang.