Brahms, eine besondere Postkarte und die zweite Geige

Chloe Grauer, 15 Jahre

Rahel Rilling, die beim diesjährigen Klang-Labor Festival die zweite Geige spielt, ist eine offene und herzliche Persönlichkeit. In den Proben begegnet sie ihren Mitmusikern stets mit einem Lächeln und trägt mit ihrer positiven Ausstrahlung zur angenehmen Atmosphäre bei. Besonders viel Freude bereitet ihr das Musizieren in kleinen Gruppen, wie beim Klang-Labor Hechingen.

Für Rahel ist Musik weit mehr als nur Klang, sie ist ein Ausdruck innerer Gefühle und Emotionen. Besonders die Werke von Johannes Brahms haben für die Geigerin, die manchmal auch Bratsche spielt, eine tiefgründige und emotionale Wirkung. Für sie zählt er deshalb zu den besten Komponisten. Sein Klarinetten-Quintett, dass sie gemeinsam mit den anderen Musikern beim Klang-Labor Festival 2025 aufführt, liegt ihr ebenfalls besonders am Herzen. Auch hier spielt sie die zweite Geigenstimme, mit der sie oft die erste Geige eine Oktave tiefer ergänzt, oder die begleitende Melodie. Sie wirkt wie ein Motor, der das musikalische Geschehen vorantreibt. Die zweite Geige ist aber auch ein Bindeglied zwischen den einzelnen Phrasen, erklärt Rahel. In jedem Musikstück gibt es Übergänge zwischen Stimmungen oder Emotionen, die man besonders gut gestalten und mit genauem Timing dadurch das Stück besonders schön und stimmig klingen lassen kann.

Dass Rahel eine besondere Verbindung zur Musik von Brahms hat, ist kein Zufall. Im Interview mit den Klang-Labor Reportern erzählt sie eine bemerkenswerte Familiengeschichte. Ihr Urgroßvater, der Komponist Robert Kahn, war ein Schüler von Johannes Brahms. Eines Abends saßen die beiden im „Roten Igel“, einer Kneipe in Wien. Sie haben sich über Oratorien von Georg Friedrich Händel unterhalten. Als Brahms Kahn fragte, welches er am schönsten finde, wusste dieser es nicht so genau. Brahms antwortete, dass er das Oratorium „Israel in Ägypten “ am schönsten finde. Kahn kannte dieses Werk gar nicht, sehr zu Brahms‘ Verwunderung. Am nächsten Morgen lag eine Postkarte vor Kahns Tür, auf der stand: „Schönen guten Morgen, lieber Robert Kahn.“ Daneben lag die Partitur von „Israel in Ägypten“, mit dem unausgesprochenen Hinweis: Jetzt kannst du aufstehen und es lernen. Diese Postkarte existiert noch heute. Rahels Eltern bewahren sie zu Hause auf. Sie hängt im Wohnzimmer, ein Zeugnis einer besonderen musikalischen Verbindung.