Was hat die Zither mit dem Natur-Phänomen der „Rossbreiten“ zu tun? Warum wird dieses ja doch eigentlich eher traditionelle Instrument in den Kontext elektronischer Klänge eingebettet? Und inwiefern schaffen die Werke eine Verbindung zur aktuellen Kulturszene?
Kulturelle Windstille bedeutet nicht, dass ein Projekt keine Segel setzen kann. Tatsächlich gab sie Leopold Hurt den Anlass, sein lang erdachtes Werk über die „Rossbreiten“ umzusetzen, ein „Hochdruckgebiet mit beständiger Windstille“ auf der Nord- und Südhalbkugel, das vor allem für Seefahrer eine gefährliche Situation darstellt, da hier aufgrund von „langanhaltenden Flauten“ die Wasservorräte schnell schwinden können…
Rossbreiten. Ein Werk, dass ehrlich sein soll. Ehrlich darüber, dass Notlagen absurde Folgen haben können. Aber dass die Konfrontation mit Problemen auch zu abstrakten Ideen führen kann. Das Greifer Trio präsentiert mit der Kombination aus Zither und Elektronik einen Klang, der zunächst eine Konfrontation mit einem absoluten Gegensatz vermuten lässt. Diesen Gegensatz bricht das Trio aber nicht, im Gegenteil – die drei Musiker*innen „ignorieren ihn einfach“, wie Leopold Hurt im Interview sagt, indem sie ihren Zithern einen Freiraum ermöglichen. So wird aus dem Gegensatz eine Erweiterung. Aus einem Instrument eine „vielfältige Klangmaschine“, die, angetrieben von Polyphonie und Mikrotonalität, die Resonanz des fehlenden Publikums kaschiert.
Kulturelle Windstille, das ist vielen in den letzten Monaten bewusst geworden, bedeutet nicht nur irgendein Verzicht. Es bedeutet einen Verlust. Von Austausch, von Fantasie, von dem Gefühl, sich vollkommen aus dem Alltag auszuklinken und einfach nur den Musiker*innen auf der Bühne zu lauschen; Verlust, von Schauspieler*innen gefesselt zu werden oder einen Opernsaal zu betreten und in eine andere Zeit gezogen zu werden. Das Greifer Trio spricht genau dieses Thema an, diese Distanz und fehlende atmosphärische Nähe zwischen Künstler*innen und Kunstliebhaber*innen.
Vielfältigkeit und Kreativität. Diversität und Präzision. Sie entfesseln für die Kunst den Wind, um die Segel zu setzen und unermüdlich absurde Grenzen zu überwinden.