„Frame“ ist ein Werk, das sich intensiv mit dem Rahmenbegriff auseinandersetzt. Im Gespräch mit dem Komponisten Malte Giesen und dem Regisseur Thomas Fiedler offenbart sich, dass das unkonventionelle Musiktheaterstück nicht auf dem Papier, sondern erst durch die Zusammenarbeit mit dem Ensemble entstehen konnte, den Neuen Vocalsolisten und ascolta. „Frame“ ist buchstäblich in den Proben an Giesens komponierter Musik entstanden: videodokumentarische Schnipsel, visuell und akustisch teils stark verfremdet, sind in das live aufgeführte Stück mit eingewoben. Maximale Selbstreferenz, so lautet die Formel, die diesem beeindruckend vielschichtigen Werk zugrunde liegt, aber nicht im Sinne einer Selbstbeweihräucherung, sondern als ironische Übertreibung der gegenwärtigen Situation in der neue-Musik-Szene, die untereinander bestens vernetzt ist.
Malte Giesen zitiert sich selbst, schaltet sich per Filmaufnahme dazu und beschreibt seine Fortschritte an der Arbeit, erzählt aber auch von seiner privaten Familiensituation. Auch der Regisseur hat sich während der Arbeit immer wieder, ob „genug Material vorhanden ist“, um ein so umfangreiches Werk auf die Beine zu stellen, erzählt er. Die Zuschauenden werden in „Frame“ vor Rätsel gestellt. Was hat es beispielsweise mit den surreal anmutenden Unterwasseraufnahmen auf sich? Ursprünglich wollte der Komponist diese Aufnahmen aus dem Stück herausnehmen, sagt er. Zu schwierig schien es, diese sinnvoll einzubetten. Aber wie sollte das Team aus diesem Handlungsrahmen wieder herauskommen? Zum Glück behielt Giesen diese blaue Traumsequenz dann doch bei, widmete sie einfach um, stellte die Frage des „Herauskommens“ einfach in den Kontext des Werkes, als Teil eines „Rahmenwechsels“.
„The Frame“ stellt auf humorvolle Weise dar, mit welchen Herausforderungen Komponisten und Komponistinnen sich beschäftigen: „Bloß keinen normalen Ton notieren“ oder dass das Cello mal etwas „am Steg spielen“ soll, um ja nicht der Konventionalität verdächtigt zu werden. „The Frame“ spielt mit Gattungsbegriffen, zerpflückt sie, um sich danach an Schnipseln zu bedienen. Die Zuhörenden werden sich in diesem Werk vielschichtig wiedererkennen, ihre Hörgewohnheiten und Erwartungen auf dem Prüfstand stellen müssen. Nicht alleine deshalb ist es ein äußerst empfehlenswertes Werk.