Selbstreferenz-Reverenz

Marie Braun, 25 Jahre

Meine Neugier und Vorfreude auf „Frame“ wird in keiner Weise enttäuscht. Ich erlebe einen kurzweiligen neue-Musik-Theater-Performance-Abend, der mir Spaß macht, mich zum Lachen bringt, der meine Aufmerksamkeit fordert und mich zum Nachdenken anregt. Und er ist sehr dicht, da er meistens mit verschiedenen Medien gleichzeitig arbeitet, das Geschehen auf der Bühne mit projizierten Videos oder Texten kombiniert oder live Gespieltes und Gesungenes mit Vorproduziertem vermischt. Trotzdem finde ich nicht, dass das zu viel auf einmal ist, auch wenn ich sicher sehr viel Neues entdecken würde, wenn ich das Stück ein weiteres Mal sehen würde.

Die verschiedenen Bedeutungsdimensionen von „to frame“ finden sich im Stück alle wieder. Zusammengesetzt ist es aus mehreren Einzelszenen, gewissermaßen einzelnen Nummern. So gibt es eine kurze Operette mit fast schon traditionell anmutenden Gesangspassagen, die von den Instrumenten begleitet werden. Dabei zeigt sich, dass in einen musiktheatralischen Rahmen auch E-Mail-Kommunikation oder andere Themen aus dem heutigen Leben gut hineinpassen. Eine andere Einzelszene zeigt einen Filmausschnitt aus einer Probe zum Stück. Kurze Ausschnitte mit Gesten, Wörtern oder Musikfetzen werden dabei in Loops wiederholt und manchmal auch von den realen Sängern und Musikern auf der Bühne aufgegriffen, sodass ein Verwirrspiel für die Zuschauer entsteht, das zu entwirren (oder auch nicht) Freude bereitet.

„To frame“ als Hereinlegen passt hierzu gut. Gestaltet wird in Malte Giesens Musiktheater so einiges. Auf der Ebene der Handlung wird gewissermaßen das „Making of“ einer Oper geschildert, mit dramaturgischen Mitteln gestaltet und reflektiert. Auf der musikalischen Ebene finden sich ebenso vielfältige Gestaltungsformen. Ein Beispiel ist unter Wasser aufgezeichneter Gesang, der eine eigenartige Wirkung entstehen lässt, da die Geräusche des Wassers auch beim Zuhörer das Gefühl des Unter-Wasser-Seins entstehen lassen und die Stimmen mystisch und verschwommen wirken. Ebenso spannend ist ein Stück, bei dem die Sängerinnen und Sänger in englischer Sprache über Framing rezitieren, manchmal fast wie in einem sprachlichen Kanon. Eindringliche Clusterklänge bilden ein Gegenstück dazu. Ein wiederkehrender Refrain ist bei diesem Stück der Ankerpunkt, um den herum sich ein Geschehen entwickelt, das die Zuhörer in einen Bann zieht, nicht zuletzt auch durch die zunehmend dichte Visualisierung durch Videos. Manipuliert wird das Publikum durch verschiedene Momente der theatralen Desillusionierung, etwa als es am Schluss aufgefordert wird, die Hände in einem leicht variierenden Rhythmus mit den Handinnenflächen zusammenzuschlagen, da das Stück nun zu Ende sei und nichts weiteres mehr komme.

Sehr viele Eindrücke optischer, akustischer und zum Teil auch körperlicher Natur, wirken in „Frame“ zusammen. Eigentlich eine Reizüberflutung. Doch es gelingt Malte Giesen und Regisseur Thomas Fiedler die Balance zu halten und nicht zu überfordern.