Bewegende Klangwellen in festgelegten Quadraten

Valeska Maria Müller, 20 Jahre

Sechs aufgeklebte Quadrate, siebzehn Musikerinnen und Musiker, zwei projizierte Partituren auf jeder Wandseite und eine Lichtinstallation, die die Bühne in den Fokus rücken lässt: „Imaginary Strings“ von Huihui Cheng überzeugt bereits mit seinem ästhetisch, fast symmetrischen Bühnenaufbau. Zehn Musikerinnen und Musiker des Ensemble Modern stehen sich paarweise gegenüber. Es trennen sie lediglich die quadratischen Kästchen in der Mitte der Bühne. Die restlichen Musiker sitzen in einem Halbkreis um sie herum. Gemeinsam kreieren sie mit den beiden Klavieren, den zwei Schlagwerkspielern, den beiden Cellos und dem Kontrabass den perkussiven Klangteppich des Werkes. Dieser ist die ganze Zeit im Hintergrund zu hören und untermalt den eigentlichen künstlerischen Prozess in der Mitte der Bühne.

Cheng arbeitet ganz bewusst choreographisch und setzt die Performance in eine stetige Bewegungswelle, sagt sie später im Interview. Die Musiker bewegen sich. Die Videopartitur gibt dabei mit verschieden farbigen Pfeilen kontinuierlich die Richtung vor. So laufen die Musiker aufeinander zu, bewegen sich auseinander oder gehen gemeinsam in eine Richtung. Jegliche Interaktion läuft dabei immer paarweise ab und orientiert sich an den vorgegebenen Quadraten. Ganz elementar dabei ist die Lichtinstallation, die dem Publikum fortlaufend den aktuellen Fokus auf der Bühne „erhellt“.

Nach einiger Zeit entwickelt sich die vertikale Bewegung der Musiker in weitere Richtungen. Die Gruppe interagiert immer mehr im großen Komplex und es entstehen neue Formationen in den Quadraten. Kreise gehen, Diagonalen bilden, freies Herumgehen – die Musiker entwickeln Klang aus der Bewegung heraus, spielen als Gemeinschaft Laola-Wellen und treten alleine oder in Gruppen vor, um Klänge in den Raum zu öffnen. Sie erkunden die quadratischen Lichtpunkte und wandern auf der Bühne umher, um neue Quadrate zu entdecken. Interessant ist der kontinuierliche Umgang mit Klangfarben und Klangebenen.

Das Werk vermittelt den Eindruck eines sich bewegenden Klanges. Durch die Mobilisierung des eigenen Körpers beim Spiel wird ein positiver medizinischer Effekt erreicht, sagt Huihui Cheng. Dieses freie Spiel entfaltet den Klang eindrucksvoll und erzeugt neue Wahrnehmungen. Ein Zusammenspiel aus hintergründiger Perkussivität mit ausdrucksvollem Klangmaterial und vielfältigen Bewegungselementen eröffnet dem Publikum ganz neue Perspektiven auf Neue Musik und ihre klanglich-performativen Möglichkeiten.