Bin ich wie Joseph Joachim?

Rosa Schnidrig, 22 Jahre

„Wir suchen jemanden, der oder die, auf das Heute übertragen, so wie Joachim.“ So erklärt der Künstlerische Leiter Oliver Wille die Bedeutung des Namensgebers für den Joseph Joachim Violinwettbewerb in Hannover. Was bedeutet das aber – sein wie Joachim?

Joseph Joachim wurde am 28. Juni 1831 in Kittsee bei Pressburg als Sohn eines jüdischen Wollhändlers geboren. Früh wurde sein musikalisches Talent entdeckt, bereits mit 8 Jahren durfte er als Solist auftreten. Joachims größter Förderer und wichtigstes Vorbild in seiner Jugend war Felix Mendelssohn Bartholdy. Unter dessen Leitung brachte Joseph Joachim 1844, im Alter von nur 13 Jahren, Beethovens jahrzehntelang in Vergessenheit versunkenes Violinkonzert D-Dur, Op. 61 mit großem Erfolg in London zur Neuaufführung.

Oliver Wille hebt dieses Ereignis besonders hervor. Unbekannte, vergessene Musik den Menschen wieder nahe zu bringen, das sei unschätzbar wichtig und erfordere viel Mut. Joseph Joachim wurde bei einem Besuch in Weimar 1847 von Franz Liszt an das Komponieren herangeführt. Hannover taucht in Joachims Biographie ab dem Jahr 1852 auf. Hier wirkte er bis 1866 als Königlicher Konzertmeister. Während dieser Zeit entstand eine enge Freundschaft zu Clara und Robert Schumann und Johannes Brahms. 1855 traf Joachim eine Entscheidung, die für ihn persönlich sehr bedeutend war. Er ließ sich in der Ägidienkirche Hannover lutherisch taufen. Das konnte aber nicht verhindern, dass große Kreise der Gesellschaft, besonders um den Musiker und Komponisten Wagner, ihn wegen seiner jüdischen Abstammung verurteilten. Der Preußische Hof jedoch hielt zu ihm, und berief ihn 1869 zum Gründungsrektor der Königlich Akademischen Hochschule für ausübende Tonkunst in Berlin, der heutigen Universität der Künste. In dem Konfliktfeld mit Wagners Kreisen steht auch das Streichquartett, das Joachim 1879 gründete und als Gegenstück zu Wagners langatmigen Musikabenden verstanden wissen wollte. Es wurde unter dem Namen Joachim-Quartett zu einem der bedeutendsten Quartette der deutschen Musikgeschichte.

Wenn sich Oliver Wille an den großen Violinisten erinnert, betont er dessen Zusammenarbeit mit, und Förderung von jungen Menschen. In diesem Zeichen steht auch der heutige Wettbewerb. Joseph Joachim wirkte als Komponist, als bezaubernder Solokünstler, als Kammermusiker und als Pädagoge, nach dessen Vorbild noch heute Hochschulen gegründet werden. Die Aussage „Wir suchen jemanden, auf das Heute übertragen, der ist, wie Joachim“ – was meint sie wirklich? Oliver Wille fasst die Antwort in einem Wort zusammen: Vielfalt!