Fokussiert, konzentriert, integriert

Brigita Demirkiran, 24 Jahre

Es ist ein kühler Dienstagabend im Oktober. Der Konzertsaal der Musikhochschule Hannover ist voll. In den Reihen verteilt sieht man verzauberte, aber auch kritische Gesichter. Auf der Bühne spielt eine junge Geigerin, die am Violinwettbewerb teilnimmt, ein Stück von Mozart. Begleitet wird die Solistin von einem Orchester, das ihr dabei hilft, alle Emotionen in dem imposanten Werk zu vermitteln. Es ist die Camerata Bern, das die acht jungen Leute bei ihren Auftritten im ersten Semifinale begleitet.

Nur eine halbe Stunde pro Teilnehmerin und Teilnehmer hat das Orchester, jeweils zwei Stücke mit ihnen zu proben. „Es ist wirklich schade, dass wir nicht mehr Zeit mit den Musikern haben – mit manchen reden wir kaum“, erklärt Käthi Steuri, die Kontrabassistin des Ensembles. „Umso wichtiger ist es, dass wir ihre Körpersprache lesen und auf ihre Energien reagieren“, fügt die Konzertmeisterin, Suyeon Kang, hinzu. Trotz des Zeitdrucks haben jedoch einige Geiger mit der Camerata Bern mehr kommuniziert. „Da hast du direkt eine bessere Verbindung zu der Person“, erzählt Steuri. In diesen Tagen gibt sich das Ensemble besonders viel Mühe bei der Begleitung der jungen Violinisten. „Wir waren gestern kurz vor dem Konzert extrem aufgeregt. Unsere Hände haben plötzlich geschwitzt – ich habe sogar ein bisschen gezittert“, lacht Kang. „Der Auftritt hat uns in die Situation zurückversetzt, in der wir damals selbst Teilnehmer eines Wettbewerbs waren“, erinnert sich Steuri. Die Violinistin und die Kontrabassistin sind sich aber einig: Sie bevorzugen eher die Seite des Orchesters als die des Solisten.

Trotzdem sind die Tage des Joseph Joachim Violinwettbewerbs auch körperlich sehr anstrengend. „Ein Orchesterstück von Bartók zu spielen und ein Mozart-Konzert zu begleiten, sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Das erfordert besonders viel Konzentration“, erklärt Kang. „Wir müssen uns die ganze Zeit auf den Solisten oder die Solistin fokussieren.“ – „Gestern nach dem Konzert waren wir alle total kaputt. Es ist deutlich anstrengender als ein normales Konzert zu begleiten“, fügt Steuri hinzu. Spaß beim Spielen hat das Orchester jedoch trotzdem. „Die Camerata ist so klein, wir sind wie eine zweite Familie“, schwärmt Suyeon Kang. Dadurch haben zwei Proben ohne die Wettbewerbsteilnehmer vor den Konzerten gereicht. „Wir kennen uns untereinander sehr gut“, erzählt Käthe Steuri. Zum Schluss des internationalen Violinwettbewerbs vergibt die Camerata Bern ebenfalls einen Preis. Der Preisträger oder die Preisträgerin wird vom Orchester zu einem Konzert eingeladen. „Da müssen wir noch untereinander diskutieren – noch sind wir uns da nicht einig, wer das sein wird.“