Puh. Eigentlich viel zu warm für eine große Fahrradtour. Glücklicherweise haben Potsdam und seine von Grün umgebene Seenlandschaft einiges zu bieten. Die Tickets für die drei musikalischen Grand Tours sind schon lange ausverkauft. Über 800 Fahrrad- und Musikbegeisterte machen sich auf den Weg, um an acht besonderen Orten besondere Musik zu hören. Ob israelische und iranische Musik in der Braumanufaktur Templinoder Alte Musik in der Evangelischen Kirche Bornim, für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Am Tag zuvor treffen wir Ulrike Neukamm, die gerade dabei ist, Kisten mit Utensilien für jede Musikstation zu packen. Sie hat die Fahrradkonzerttour der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci dieses Jahr zum ersten Mal organisiert. Musikalische Fahrradtouren wie diese hat sie schon im Rheinland organisiert, die dort nach Potsdamer Vorbild entstanden. Die Oboistin liebt nicht nur Musik, sondern auch das Fahrradfahren. Das Besondere an dem Konzept sei, dass es den ganzen Tag fülle und ein anderes Publikum anspreche als ein herkömmliches Konzert, sagt sie. Die Überschrift der diesjährigen Musikfestspiele Grand Tour lässt sich perfekt auf das Fahrradereignis übertragen. Ulrike Neukamm erzählt: „Ich habe sofort an die Tour de France gedacht.“ Daher stammt auch die Idee der weißen Route für Nachwuchsfahrer und Familien, einer grünen für die Gemütlichen und einer gelben für besonders leidenschaftliche Radler. So kann das Publikum eine Vielzahl von Musikgruppen und historischen Orten rund um Potsdam entdecken.

Vor dem ehemaligen Wohnaus des Staudengarten-Pioniers Karl Foerster lassen sich die Etappenjäger auf Gartenstühlen nieder und lauschen den lebendigen Klängen von FOLKADU. Die Gruppe spielt einen Mix aus traditioneller und zeitgenössischer jüdischer Musik, die von Themen wie Liebe, Freundschaft und Heimweh handelt. Das erste Stück „Die Blume in meinem Garten“ passt perfekt zur Kulisse der Anlage, in der zu jeder Jahreszeit etwas blüht. Gerade jetzt der blau leuchtende Rittersporn. Yael Gat wechselt zwischen klangvollem Gesang auf Hebräisch, Jiddisch und Ladino sowie Trompete – und einem Antilopenhorn, dem Schofar. Begleitet wird sie von Ira Shiran am Akkordeon. Eigentlich gehört auch noch Doron Furman zur Gruppe, der die Oud spielt – eine traditionelle orientalische Laute. Heute sind FOLKADU jedoch nur zu zweit angereist. Trotz der kleinen Besetzung gelingt es ihnen, die sommerlich gelöste Atmosphäre mit warmer Musik zu untermalen Yael Gat hofft, dass Teilnehmer auf der Grand Tour möglichst viel Musik unterschiedlicher Herkunft hören.
Trotz der Hitze – fast alle Fahrradfahrer kommen am Ziel an und viele von ihnen versammeln sich am Winzerberg, wo die Oboenband La Petite Écurie ein Abschlusskonzert spielt. Die KünstlerValerie Colen, Miriam Jorde-Hompanera, Giovanni Battista, Marc Bonastre Riu und Philipp Lamprecht spielen auf historischen Instrumenten und lassen barocke Musik für Oboen, Fagott und Percussion aufleben. Unter freiem Himmel entsteht eine offene, einladende Stimmung – ein Sommerfest! Die erschöpften Fahrradfahrer lassen sich mit mediterranen Antipasti vom Verpflegungswagen und kühlen Getränken in Liegestühlen und auf Bierbänken nieder und kommen wieder zu Kräften. Es war sportlich und musikalisch ein erfolgreicher Tag. Auch die Sanssouci-Reporter lassen sich ein letztes Mal auf ihrer blauen Picknickdecke nieder, die sie seit einer Woche durch die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci begleitet hat – und dabei so manche Stimme und Geschichte zwischen ihren weißen Punkten eingefangen hat.
FOLKADU: https://folkadu.com/
La Petite Écurie: https://www.petite-ecurie.com/