Pflanzenklang?

Valeska Maria Müller, 20 Jahre

Das Publikum blickt gespannt auf eine Leinwand, die zwischen Zuschauerraum und Bühne platziert ist. Die Leinwand kommuniziert mit dem Publikum. Sie ist das Sprachrohr für Komponist Ricardo Eizirik und seine Komposition Here and There, welche sowohl Informationen über die Hintergründe der Komposition als auch Anweisungen an das Publikum durch Projektion vermittelt.

Eine Tonbandaufnahme aus den 60er Jahren schallt durch die Turnhalle. Es sind Naturgeräusche zu hören: Wind, Vogelgezwitscher, das Rauschen von Blättern, Hundebellen. Die Worte auf der Leinwand berichten, dass es sich um eine Aufnahme an exakt diesem Ort handelt – zu einer Zeit, in der das Theaterhaus noch nicht existierte. Lediglich ein Baum stand hier. Eizerik hatte die Idee, diesen Moment musikalisch umzusetzen. Seine Assoziation mit Bäumen beruft sich darauf, dass diese jegliche Geräusche aufnehmen und eigene Klänge produzieren. Der Komponist möchte Bäume daher nicht in ihrem ruhigen Gestus darstellen, sondern sieht in ihnen eine unglaubliche Geräuschkulisse. Die Uraufführung spielt mit der Wahrnehmungsverschiebung des Publikums. Während der gesamten Aufführung lenken die Anweisungen auf der Leinwand die Wahrnehmung der Zuschauer dahin, die lauten Geräusche des Ensemble Ascolta mit einem Baum zu assoziieren. Doch die Frage ist: Gelingt dem Komponisten die Veränderung der Wahrnehmung? Man erhält Ohrstöpsel, um die Komposition überhaupt ansatzweise erträglich hören zu können. Die Zuschauer werden bereits nach kurzer Zeit aufgefordert, während des Stückes um das Ensemble herumzugehen. Durch diese Aktion verliert das Publikum seine Anonymität und interagiert miteinander. Ich verstehe, was der Komponist mit seinem Werk ausdrücken möchte, und meine Wahrnehmung wird dahin gelenkt, mir diesen Ort vor langer Zeit vorzustellen. Und dennoch frage ich mich kontinuierlich: Ist das wirklich die musikalische Vertonung von Bäumen?