Nichts geringeres als die kosmische Ewigkeit empfängt das Publikum im Osterkonzert. Dirk Mommertz und Polina Leschenko lassen Gustav Holsts „Planeten“ in der Klavierfassung für vier Hände wie Staubkörner tanzen, als gebe es nirgends Gravitation. Ohnehin ist alle Erdenschwere von diesem Tag genommen. Ein Hoffnungsfunke im übertragenen Sinne ist die Interpretation des Bachchorals „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“, für die sich Leschenko ihre Tochter Eliana als Partnerin an den Flügel holt. Am Vorabend spielt die noch 10-Jährige mit der Unbekümmertheit eines Kindes und der Weisheit einer weisen Frau. Hoffnung also für die kommende Künstlergeneration!
Mit Adès dem Himmel so nah
Residenzkomponist Thomas Adès aus London erweist sich ein weiteres Mal als genau der weltliche Gegenpart, den die österliche Ewigkeit erfordert. Die persönliche Auseinandersetzung mit der Passionsgeschichte war in diesen Tagen tiefsinniger, weil seine Werke die Grenzen unseres Denkens und vor allem Fühlens ständig behutsam erweiterten.
Besonders eindrucksvoll: Im Ostersonntagskonzert erklangen vier Berceuses, Wiegenlieder aus seiner Oper „The Exterminating Angel“ als Arrangements für Viola und Oboe, begleitet von Adès persönlich am Klavier. Die Musik führt auf einen Berggrat, rechts und links fallen die Flanken schroff ab. Der Gang ist mühelos, kaum ansteigend, doch jeder Tritt kann den Absturz bedeuten und muss behutsam geführt werden. Sascha Bota hat im Verlauf des Festivals schon seine beeindruckende Einfühlsamkeit für seine Musikpartner gezeigt. Hier erweist er sich als sich selbst schonungslos entblößender solistischer Geist. Weder das vorantreibende Klavier noch Matt Hunts wie aufsteigender Nebel ihn umwallende Klarinettenstimme bieten ihm Halt, die Luft ist dünn, selbst den Zuschauern stockt der Atem bei jedem Ton, bis zum zartesten Flirren und Knistern, der doch nicht bricht. Fragil ist sein Spiel, tastend und mit pochendem Herzen gesetzt. Am Ende des Bergrückens umfließt ihn das unsichtbare, nicht zu hörende und doch Bota mitsamt seinen Zuhörerinnen und Zuhörern umfließende Licht.
Getragen mit erdiger Kraft
Franz Schuberts C-Dur-Streichquintett ist einer der mächtigsten Zauber gegen die Vergänglichkeit, und lässt sich doch auch von den größten Künstlerinnen und Künstlern zuweilen nicht bändigen. Hier fuhr diese Kraft in die Violine von Priya Mitchell, Saitenriss schon vor der Pause, Drama. Wie überaus fesselnd, sie dann als Löwenbändigerin zu beobachten, die das Instrument im ersten Quintettsatz nicht nur an die neue Saite gewöhnen sondern natürlich die Gruppe führen und den österlich-göttlichen Reinklang der Oberstimme zum Leuchten bringen musste. Kurzerhand übernahm die wunderbare Nathalie Clein am zweiten Cello die Leitung. Zu erleben war ein aus der Tiefe des Fundaments getragenes, majestätisch dunkel glühendes Werk, das seine Zuhörer mit nicht weniger als tiefem Vertrauen auf das Gute in der Welt erfüllte.